Das Muttersprachlerprinzip

Symbolbild für Übersetzungen: ein Stapel Wörterbücher
Wörterbücher allein helfen nicht, um Texte richtig übersetzen zu können

Sollten Übersetzer nur in ihre Muttersprache übersetzen?

In der Übersetzerbranche hält sich seit Jahren die weitverbreitete Ansicht, dass Übersetzer möglichst nur in ihre Muttersprache übersetzen sollten. Übersetzungen in die Fremdsprache werden dagegen nicht gern gesehen. Einige halten dieses Vorgehen sogar für unprofessionell. Aber ist das wirklich so?

 

Viele Menschen sind der Meinung, dass man eine Fremdsprache nie so gut beherrschen kann wie die Muttersprache. Das mag sein. Doch beim Übersetzen spielt nicht nur die Sprachkompetenz eine Rolle. Es gibt viele Aspekte, die zum Erfolg oder Scheitern einer Übersetzung beitragen.

 

Um gute Übersetzungen anfertigen zu können, benötigt ein Übersetzer perfekte Kenntnisse der jeweiligen Fremdsprache. So viel ist klar. Darüber hinaus muss er aber auch intensiv mit der Kultur des Ziellandes vertraut sein und über Fachwissen im Gegenstandsbereich des Ausgangstextes verfügen.

 

Ein gut ausgebildeter Übersetzer mit entsprechendem Fachstudium besitzt in aller Regel diese notwendige Kompetenz. Er kennt die Kultur, das Land und die Leute und damit die Feinheiten seiner Arbeitssprache. Durch regelmäßige Aufenthalte im Land seiner Arbeitssprache hält er diese Kompetenz frisch und baut sie weiter aus. Warum sollte ein Übersetzer also nicht auch richtig gute Übersetzungen in die Fremdsprache anfertigen können?

Ist das Muttersprachlerprinzip immer sinvoll?

Ob das Muttersprachlerprinzip gerechtfertigt ist oder nicht, hängt zum einen von der Textsorte ab, die übersetzt wird. Angenommen, die Übersetzung soll vom Deutschen ins Englische erfolgen. Ist der Ausgangstext sehr fachlich, hat ein Übersetzer mit Englisch als Muttersprache vielleicht große Probleme, den Text überhaupt richtig zu verstehen. Wie soll er ihn dann richtig übersetzen?

 

Technische Dokumentationen und Fachtexte mit komplexen Satzstrukturen oder einer hohen Dichte an Fachtermini sollten vielleicht lieber von einem Muttersprachler der Ausgangssprache übersetzt werden, um das Verständnis zu sichern. Fachtermini in der Fremdsprache lassen sich in der Regel gut recherchieren.

 

Anders verhält es sich bei Übersetzungen, die kulturell angepasst werden müssen. Also zum Beispiel literarische Texte, Werbetexte oder Marketingmaterial mit bildlicher Sprache. Wenn solche Texte in der Zielkultur funktionieren sollen, müssen sie oft umfangreich adaptiert werden, zum Beispiel im Rahmen einer Transkreation. Diese Texte sollten demnach eher von einem Muttersprachler der Zielsprache übersetzt werden.

Ein Lektorat ist unverzichtbar

Egal, welche Textsorte übersetzt wird und ob die Übersetzung nach dem Muttersprachlerprinzip erfolgt oder nicht, am Ende jeder Übersetzung steht das Lektorat. Es sollte im Rahmen der Qualitätskontrolle immer durchgeführt werden. Und zwar am besten von einer weiteren Person, denn für seine eigenen Fehler ist man ja bekanntlich blind.

 

Bei Übersetzungen, die nach dem Muttersprachlerprinzip angefertigt wurden, sollte beim Lektorieren überwiegend darauf geachtet werden, ob der Ausgangstext richtig verstanden wurde und sich keine inhaltlichen Fehler eingeschlichen haben. Ausdruck und Stil der Übersetzung sind hingegen meist nahezu perfekt und benötigen nur noch einen Feinschliff. In der Regel wird aber auch das Lektorat von einem Muttersprachler der Zielsprache durchgeführt. Die Gefahr ist also groß, dass inhaltliche Fehler aufgrund einer falschen Interpretation des Ausgangstextes nicht erkannt werden.

 

Ein Lektorat von einem Muttersprachler der Fremdsprache alleine hätte jedoch ebenfalls wenig Sinn. Obwohl dieser inhaltliche Fehler erkennen könnte, fehlt ihm die nötige Verbundenheit mit der Zielsprache, um auch Ausdruck und Stil perfekt beurteilen zu können. Man müsste daher idealerweise zwei Lektorate durchführen, eines vom Muttersprachler der Ausgangssprache und dann eines vom Muttersprachler der Zielsprache. In der Praxis wird dies aus Kostengründen jedoch so gut wie nie in Auftrag gegeben.

 

Beim umgekehrten Fall, also bei Übersetzungen in die Fremdsprache, ist das Verstehen des Ausgangstextes in den meisten Situationen hingegen gesichert. Inhaltliche Fehler in der Übersetzung sind daher bei guter Recherchearbeit selten. Allerdings muss die Übersetzung verstärkt hinsichtlich Ausdruck und Stil kontrolliert werden. Hier empfiehlt es sich, wenn das Lektorat von einem Muttersprachler der Zielsprache durchgeführt wird.

 

Da dieser mit der Sprache und Kultur der Zielsprache stärker verwurzelt ist, fallen ihm untypische Formulierungen, Benennungen und kulturelle Besonderheiten in der Sprachverwendung eher auf. Im Anschluss an das Lektorat erhält man eine Übersetzung, die sowohl inhaltlich korrekt als auch stilistisch einwandfrei ist. Das kann die bessere Lösung sein.

 

Gute Übersetzungen können also durchaus auch in die Fremdsprache gelingen. Und es ist auch nicht per se unprofessionell, wenn ein Übersetzer solche Dienstleistungen anbietet. Im Gegenteil: Mit den richtigen Maßnahmen zur Qualitätssicherung ist eine Übersetzung in die Fremdsprache in bestimmten Fällen die bessere Methode und alles andere als ein Wagnis.

 

Erfahren Sie mehr über meine Dienstleistungen im Bereich Übersetzen auf meiner Website: Ich biete sowohl Fachübersetzungen als auch kreative Übersetzungen (Transkreation) für Werbetexte an. 


Ralph Smyreck, M. A. – Fachübersetzer

Wer schreibt hier? Mein Name ist Ralph Smyreck, ich bin freiberuflicher Fachübersetzer, Transkreativtexter und Lektor für die Sprachen Englisch, Dänisch, Französisch und Deutsch in Leipzig. Ich unterstütze Unternehmen, NGOs und Einzelkunden weltweit in Sachen interkultureller Kommunikation. In diesem Blog berichte ich über interessante Themen rund um den Arbeitsalltag eines Übersetzers. Gerne können Sie mich kontaktieren, wenn Sie Fragen zu meiner Person oder meinen Sprachdienstleistungen haben. Auch über Rückmeldungen und Themenvorschläge für meinen Übersetzer-Blog freue ich mich.



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